Estrichböden

Dipl.-Ing. Thorsten Knauf

Sachverständiger für Bauschadenbewertung und Schimmelpilzbewertung

von der DEKRA personenzertifiziert

Beratender Ingenieur Baukammer Berlin

Verbandssachverständiger im Bundesverband Deutscher Bausachverständiger e. V.

 

01577 / 66 27 973 * knauf@knauf-bauschaeden.de

 

Estrichböden

 

Man mag es kaum glauben: Unter Fachleuten, Planern und sogar unter ausführenden Fachunternehmen stelle ich häufig fest, dass der Stand der Technik bei der Planung und Ausführung unbekannt ist. Dabei geht es nicht nur um die Kenntnisse der überarbeiteten DIN-Normenreihe in Verbindung mit der europäischen Harmonisierung. Die folgenden Beiträge soll allen am Bau Beteiligten helfen, die Weiterentwicklungen und die derzeitigen allgemein anerkannten Regeln der Technik hinsichtlich Planung und Ausführung von Estrichen nachzuvollziehen und umzusetzen.

 

Wichtige gültige (Stand: 01.03.2017) Normen und Regelwerke für Estriche

Estriche – Anforderungen, Prüfung und Ausführung:

  • DIN 18340:2016-09 VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) – Trockenbauarbeiten → diese Norm gilt unter anderem für das Herstellen von Fertigteilestrichen.
  • DIN 18353:2016-09 VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) – Estricharbeiten.
  • DIN 18354:2016-09 VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) – Gussasphaltarbeiten.
  • DIN 18560-1:2015-11 Estriche im Bauwesen – Teil 1: Allgemeine Anforderungen, Prüfung und Ausführung.
  • DIN 18560-2:2009-09 Estriche im Bauwesen – Teil 2: Estriche und Heizestriche auf Dämmschichten (schwimmende Estriche).
  • DIN 18560-2 Berichtigung 1:2012-05 Estriche im Bauwesen – Teil 2: Estriche und Heizestriche auf Dämmschichten (schwimmende Estriche),

Berichtigung zu DIN 18560 2:2009 09.

  • DIN 18560-3:2006-03 Estriche im Bauwesen – Teil 3: Verbundestriche.
  • DIN 18560-4:2012-06 Estriche im Bauwesen – Teil 4: Estriche auf Trennschicht.
  • DIN 18560-7:2004-04 Estriche im Bauwesen – Teil 7: Hochbeanspruchbare Estriche (Industrieestriche).

 

Estrichmörtel und Bindemittel:

  • DIN EN 13318:2000-12 Estrichmörtel und Estriche – Begriffe – Dreisprachige Fassung.
  • DIN EN 13454 1:2005-01 Calciumsulfat-Binder, Calciumsulfat-Compositbinder und Calciumsulfat-Werkmörtel für Estriche – Teil 1: Begriffe und Anforderungen.
  • DIN EN 13454-2:2007-11 Calciumsulfat-Binder, Calciumsulfat-Compositbinder und Calciumsulfat-Werkmörtel für Estriche – Teil 2: Prüfverfahren.
  • DIN EN 13813:2003-01 Estrichmörtel, Estrichmassen und Estriche; Estrichmörtel und Estrichmassen – Eigenschaften und Anforderungen.
  • DIN EN 13892 Teil 1 bis Teil 8 Prüfverfahren für Estrichmörtel und Estrichmassen, Ausgaben 02/2003 bis 03/2015.
  • DIN EN 14016-1:2004-04 Bindemittel für Magnesiaestriche – Kaustische Magnesia und Magnesiumchlorid – Teil 1: Begriffe und Anforderungen.
  • DIN EN 14016-2:2004-04 Bindemittel für Magnesiaestriche – Kaustische Magnesia und Magnesiumchlorid – Teil 2: Prüfverfahren.

 

Entwicklungen der Estriche

Mit Einführung der europäischen Normen DIN EN 13318 und DIN EN 13813 wurde die Normenreihe DIN 18560, Ausgabe jeweils 1992, durch die Ausgabenreihe 2004 ersetzt. Mittlerweile wurden die Teile 1 bis 4 nochmals überarbeitet und liegen nunmehr mit den Ausgabejahren 2006 (Teil 3), 2009 (Teil 2) und 2012 (Teil 4) vor. Der Teil 1 wurde zuletzt mit Ausgabe 2015-11 überarbeitet und vor allem durch Aufnahme und Regelungen zu CM-Messungen erweitert.

 

Früher wurden bei Zementestrichen häufig Portlandzemente als Bindemittel verwendet. Diese werden in heutiger Zeit mehr und mehr durch Portlandkompositzemente, wie zum Beispiel Portlandhüttenzement CEM II A-S oder CEM II B-S, ersetzt. Diese Zemente benötigen aber für eine vollständig ablaufende Hydratation längere und intensivere Nachbehandlungen. Dadurch verlängern sich aber auch die Trocknungszeiten des Estrichs.

 

Darüber hinaus werden die Zemente seit jüngster Zeit feiner gemahlen. Eine Folge ist das Vorhandensein vermehrter Gelporen im Estrich. Gelporen wiederum entwickeln sich beim Erhärtungsvorgang des Estrichmörtels, die sogenannte Hydratation. Unter normalen Erhärtungsbedin-gungen sind Gelporen mit Wasser gefüllt und winzig klein (Durchmesser im Bereich von Nanometern, d. h. 1 nm = 0,000001 mm). Wenn dann das Wasser bei der Estrichtrocknung aus diesen Poren entweicht – was sich über einen langen Zeitraum erstrecken kann – ziehen sich diese Gelporen zusammen und führen somit zu einer Schwindung des Estrichs. Fachleute einschließlich meiner Person rechnen mit vermehrten Spätschäden infolge des Spätschwunds durch die Ausbreitung der Gelporen.

 

Eine wesentliche Änderung der Normeninhalte sind die Dickenentwicklungen der Estriche in Abhängigkeit von dem Fußbodenaufbau (Verbund-estrich, Estrich auf Trennlage, schwimmend verlegter Estrich, hochbeanspruchter Estrich), vom Bindemittel bzw. der Estrichart (Calciumsulfat-Fließestrich CAF, Calciumsulfat-Estrich CA, Gussasphalt-Estrich AS, Kunstharz-Estrich SR, Magnesia-Estrich MA, Zementestrich CT), von der Biegezugfestigkeitsklasse bzw. Härteklasse und Belastung.

 

Die Mindest-Nenndicken bei schwimmend verlegten Estrichkonstruktionen haben sich im Laufe der Normungsarbeit DIN 18560-2 wie folgt entwickelt.

 

Mindest-Nenndicken schwimmend verlegter Estriche

- In der Ausgabe 1992 wurden in zwei getrennten Tabellen die Mindestnenndicken für unbeheizte Estriche (Tab. 1) und Heizestriche (Tab. 2) angegeben.

Demgegenüber werden ab der Ausgabe 2004 nur noch Tabellen für unbeheizte Estriche angegeben. Für Heizestriche werden dagegen nur noch im Abschn. 3.2.2 Hinweise zu den Mindestnenndicken unter anderem mit

Verweis auf diese Tabellen gemacht. Beispielsweise sollen die Estrichnenndicken bei Calciumsulfat- und Zement-Heizestrichen der Bauarten B (Heizelemente unterhalb des Estrichs in der Dämmebene) und C

(Heizelemente unterhalb des Estrichs und über der Dämmebene in einem Ausgleichsestrich) entsprechen. Bei der Bauart A, d. h. Heizelemente in der Estrichebene, muss die Mindestnenndicke gem. den genannten

Tabellen um den Außendurchmesser des Heizrohres erhöht werden.

 

- Die Mindestnenndicken in DIN 18560-2, Ausgabe 1992, waren auf einer gleichmäßig verteilten Verkehrslast bis 1,5 kN/m² (im Wohnungsbau) abgestellt.

Mindestnenndicken bei höheren Verkehrslasten waren nur lapidar durch den Satz in Abschn. 3.2.1 geregelt:

„Bei höheren Verkehrslasten als 1,5 kN/m² müssen im Allgemeinen größere Dicken als nach Tabelle 1 festgelegt werden.“

Dieser Hinweis führte in der Praxis in vielen Fällen zu Unstimmigkeiten und nicht ausreichend tragfähigen Estrichen bei entsprechend hohen Verkehrslasten, wie z. B. im Büro-, Gewerbe-, Industrie- und sonstigem Bau

üblich.

Diesen Umstand tragen die Neuausgaben ab 2004 Rechnung. Seit Einführung der Überarbeitungen gibt es vier verschiedene Belastungsfälle:

1. Lotrechte Nutzlasten bis 2 kN/m²

2. Lotrechte Einzellasten bis 2,0 kN und Flächenlasten bis 3 kN/m²

3. Lotrechte Einzellasten bis 3,0 kN und Flächenlasten ca. 4 kN/m²

4. Lotrechte Einzellasten bis 4,0 kN und Flächenlasten ca. 5 kN/m²

Der ungünstigere von beiden Fällen ist maßgebend, welche Tabelle Anwendung findet.

 

- In der Ausgabe 1992 sind die Nenndicken nur für zwei Estricharten bzw. Gruppen von Estricharten angegeben. Die erste Estrichart (Gruppe) umfasste bei unbeheizten Estrichen Anhydrit AE 20, Magnesia (ME 7) und Zement

ZE 20, während bei Heizestrichen Magnesia-Estrich nicht mit angegeben wurde. Bei der zweiten Estrichart handelte es sich um Gussasphalt GE 10.

Diese doch sehr eingeschränkten und unvollständigen Angaben für eine kleine Auswahl an Estricharten wurden durch die überarbeiteten Fassungen ab 2004 deutlich und nachhaltig erweitert. Beispielsweise wurde bei

Anhydritestrich zwischen Calciumsulfat-Fließestrich (CAF) und -Estrich (CA) unterschieden und Kunstharzestrich (SR) neu aufgenommen.

 

- Die Zusammendrückbarkeit der Dämmstoffe unter Belastung durfte gem. Ausgabe 1992 nicht mehr als 10 mm, bei Gussasphaltestrich nicht mehr als 5 mm betragen. Betrug die Zusammendrückbarkeit über 5 mm musste

die Estrichnenndicke um 5 mm erhöht werden. Bei Heizestrichen war die Zusammendrückbarkeit der Dämmschicht generell auf höchstens 5 mm begrenzt. In den überarbeiteten DIN-Normen 18560-2 ab 2004 wurde die

Zusammendrückbarkeit in Abhängigkeit von der lotrechten Nutzlast angegeben. Demzufolge darf sie bei lotrechten Nutzlasten (Einzellasten bis 2,0 kN und Flächenlasten bis 3 kN/m²) außer bei Gussasphaltestrichen

max. 5 mm betragen. Ab Einzellasten bis 3,0 kN und Flächenlasten ca. 4 kN/m² (Tab. 3 und Tab. 4) ist die Zusammendrückbarkeit generell auf 3 mm begrenzt.

 

- Gemäß Ausgabe 1992 variierte die Nenndicke unbeheizter Estriche je nach Dämmstoffdicke. Die Grenze der Estrichnenndicke wurde bei Dämmstoffdicken bis 30 mm und über 30 mm festgelegt. Diese Festlegung wurde in

den überarbeiteten Ausgaben ab 2004 völlig anders geregelt. Demnach können die Tabellenwerte für die Estrichnenndicke ab Dämmschichten bis 40 mm jeweils um 5 mm reduziert werden. Die Nenndicke des Estrichs

(außer Gussasphalt) darf jedoch 30 mm nicht unterschreiten.

 

Gegenüberstellung von Estrichnenndicken

Im Folgenden können Estrichnenndicken nach der Ausgabe 1992 nur für lotrechte Belastungen bis 1,5 kN/m² mit denen der nach den Normenausgaben 2004 und 2009 angegebenen Dicken gemäß Tabelle 1 (lotrechte Nutzlasten kleiner gleich 2 kN/m²) eindeutig verglichen werden.

 

In der Ausgabe 1992 waren unbeheizte Estriche in der Tabelle 1 mit folgenden Estricharten geregelt:

Anhydrit AE 20 – Wert stand für 20 N/mm² Druckfestigkeit (Nennfestigkeit als kleinster Einzelwert) → zugehörige Biegezugfestigkeit ≥ 2,5 N/mm² (Mittelwert). Dieser Estrich ist nach den Ausgaben 2004 und 2009 mit dem Calciumsulfatestrich EN 13813 CA-C20-F4 vergleichbar.

Magnesiaestrich ME 7 – Wert stand für 7 N/mm² Druckfestigkeit → zugehörige Biegezugfestigkeit ≥ 2,5 N/mm². Dieser Estrich ist nach den Ausgaben 2004 und 2009 mit Magnesiaestrich EN 13813 MA-C7-F4… vergleichbar.

Zementestrich ZE 20 – Wert stand für 20 N/mm² Druckfestigkeit → zugehörige Biegezugfestigkeit ≥ 2,5 N/mm². Dieser Estrich ist nach den Ausgaben 2004 und 2009 mit Zementestrich EN 13813 CT-C20-F4 vergleichbar.

 

Estrichnenndicken ausgewählter schwimmend verlegter Estriche s. Untermenü "Nenndicken schwimmender Estriche"

 

Nach den neuen Ausgaben 2004 bzw. 2009 betragen die Estrichnenndicken ab Einzellasten von 2,0 kN bzw. Flächenlasten von 3 kN/m² unbeheizter CA-, MA- und CT-Estrichen mit einer Biegezugfestigkeitsklasse F4 und einer Zusammendrückbarkeit der Dämmschicht ≤ 5 mm mindestens 65 mm bzw. 60 mm, sofern die Dämmschichtdicke ≤ 40 mm beträgt.

 

Bei einer Flächenbelastung von 5 kN/m² (z. B. auf Treppenpodesten in Hotel- oder anderen öffentlichen Gebäuden) muss die kleinste Estrich-nenndicke bei CAF-Estrich und F7 ≥ 50 mm (≥ 45 mm bei einer Dämmschichtdicke ≤ 5 mm), CA- und MA-Estrich und F7 ≥ 60 mm (≥ 55 mm) sowie CT-Estrich und F5 ≥ 65 mm (≥ 60 mm) betragen. Bei üblichen Bodenbelägen, Beachtung der Toleranzen und bauphysikalischer Belange (z. B. Schallschutz) beträgt die Höhe ausführbarer und dem Stand der Technik entsprechender Fußbodenkonstruktionen im Regelfall mehr als 100 mm.

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